DÖRTHE SPEETZEN
In meinen Bildern projiziere ich das Wahrgenommene über den eigenen Nachvollzug sinnlich-haptischer Erfahrungen auf die Leinwand,
um es so für den Betrachter sowohl über den Sehsinn wie den Tastsinn nacherlebbar zu machen. So entstehen Landschaftsdarstellungen
oder stilllebenartige Bildkompositionen ohne konkreten geografisch-räumlichen Bezug , die quasi als innere Landschaften und Räume,
die beim Malvorgang ans Äußere der Leinwand drängen, erlebte konkrete Landschaft und Raum repräsentieren. Dies geschieht, indem
beispielsweise eine reliefartige Oberflächengestaltung der Leinwand durch Spachtelung, pastosen und körperbildenden Farbauftrag
sowie Einbindung von Fundstücken entsteht, die einen Bezug zum Dargestellten nicht nur durch ihre Herkunft, sondern auch durch
ihre ästhetischen Qualitäten herstellen: Ich arbeite dabei bevorzugt mit solchen Fundstücken, die natürlichen Einflüssen und
Verwitterungsvorgängen durch Wind, Wasser und Sonne für längere Zeit ausgesetzt waren, um so die vor Ort wahrgenommene Oberfläche
der Dinge als sinnliche Erscheinung in meinen Bildern für den Betrachter nacherlebbar zu machen. Dabei interessiert mich
der Oberflächenkontrast zwischen matt-stumpfen und glänzenden Flächen und die Tiefenwirkung alter, durchscheinender und neuer
sich überlagernder Farbschichten, die quasi die Dimension der Zeit in die Fläche transferieren und damit auch auf den Alterungsprozess
und die erzählerische Komponente des Gesehenen verweisen.
Ich arbeite in meinen Bildern mit den verschiedensten Materialien, z.B. mit Pigmenten, die ich selber zu Farben anrühre,
sowie mit Bitumen, Urgestein, Kohle, Asche, Marmormehl, Spachtelmasse, Wachsemulsion, Holzleim, Schellack, Tusche, Erde und
Sand von verschiedenen Orten. Die Verwendung dieser unterschiedlichen Materialien bietet mir die reizvolle Möglichkeit, mit dem
Zufall zu arbeiten, um mich auf das, was im Bild zunächst ohne mein gezieltes Zutun entsteht, einzulassen. Im nächsten Schritt
reagiere ich auf das Entstandene und nehme gesteuerte Gestaltungseingriffe auf der Fläche vor, die dann im nächsten Schritt
wieder durch sich eher zufällig aufgrund spezifischer Materialeigenschaften entwickelnde bildnerische Flächen und Strukturen
ergänzt bzw. überlagert werden können. Dieser Wechsel zwischen eher zufällig anmutenden sowie stärker gesteuert erscheinenden
Gestaltungsphasen macht für mich die Faszination des Malens aus. Der Ausgang des Bildes ist für mich unbekannt, und am Ende eines
jeden Gestaltungsprozesses steht für mich die Erkenntnis, dass doch letztendlich nichts im Bild wirklich zufällig entsteht, sondern
alles einer Fügung unterliegt. Demgemäß spielt der Titel meiner ersten Ausstellung " Der Rauch ist eine Telefonleitung nach oben"
nicht nur auf den inhaltlichen Bezug meiner Bilder an, sondern steht auch für den Ablauf des gestalterischen Prozesses selbst,
so wie ich ihn erlebe: Wenn ein Bild gelingt, verspüre ich beim Malen eine Verbindung mit etwas, was außer mir selbst liegt.
Ein Bild entsteht für mich - wie eine Pflanze wächst - nach einem inneren Plan, der nicht von mir stammt.